Die Bundesregierung unterstützt den Breitbandausbau mit 2,7 Milliarden Euro. Bis 2018 soll es in ganz Deutschland schnelles Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde geben. Das Kabinett hat eine entsprechende Förderrichtlinie zur Kenntnis genommen, heißt es heute in einer entsprechenden Erklärung der Bundesregierung. Das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) meldete, das Bundeskabinett habe heute die von Bundesminister Alexander Dobrindt vorgelegte Förderrichtlinie für den Breitbandausbau beschlossen. Sie werde nun noch von Minister Dobrindt unterschrieben und tritt dann in Kraft.
„Mit dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau schließen wir die weißen Flecken auf der Landkarte. Insgesamt nehmen wir für die Förderung 2,7 Milliarden Euro in die Hand. Das Geld investieren wir gezielt in Regionen, in denen sich der Netzausbau wirtschaftlich alleine nicht rechnet. Damit legen wir die Grundlage, bis 2018 schnelles Internet für alle in Deutschland zu schaffen. Wir fördern den Netzausbau technologieneutral. Auch für Beratungsleistungen stellen wir Kommunen und Landkreisen Geld zur Verfügung“, so der Minister.
Das Bundesförderprogramm richtet sich an Kommunen und Landkreise. Mit dem Förderbetrag können sie die Wirtschaftlichkeitslücke von Investitionen schließen, die sich bei den Telekommunikationsunternehmen ergeben, wenn diese ein Breitbandnetz in unterversorgten Gebieten errichten (Wirtschaftlichkeitslückenmodell). Zugleich werden die Kommunen durch die Bundesförderung in die Lage versetzt, passive Infrastrukturen wie z. B. Glasfaserstrecken zu errichten, die sie den Netzbetreibern verpachten (Betreibermodell).
Der Fördersatz des Bundes beträgt im Regelfall 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Der Höchstbetrag an Bundesförderung pro Projekt liegt bei 15 Millionen Euro. Eine Kombination mit anderen Förderprogrammen, z. B. der Bundesländer, ist möglich und erwünscht. Dadurch können weitere 40 Prozent an Förderung hinzukommen. Der Eigenanteil der Kommune liegt bei 10 Prozent.
Netzausbau-Projekte werden anhand transparenter Kriterien (Scoring) bewertet. Dieses Punktesystem bildet die Grundlage für eine Förderentscheidung. Unabhängig davon können Planungs- und Beratungskosten ab sofort mit bis zu 100 Prozent und einem Maximalbetrag von 50.000 Euro gefördert werden. Damit wird ein zusätzlicher Anreiz dafür geschaffen, schnell mit den Planungen zu beginnen.
Schon heute haben fast 70 Prozent (68,7 %) aller Haushalte in Deutschland Zugang zu mehr als 50 Mbit pro Sekunde – das sind 7 Prozent mehr als vor einem Jahr (Stand: Ende Juni 2015, Quelle: TÜV Rheinland). Im EU-Vergleich hat Deutschland die größte Dynamik beim Netzausbau – durch einen Technologiemix von Glasfaser bis Mobilfunk.
Der Deutsche Landkreistag begrüßt den heutigen Kabinettsbeschluss zum Breitbandförderprogramm des Bundes. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Landrat Reinhard Sager, erklärte dazu: „Dass der Bund nun 2 Mrd. Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung stellt, ist ein gutes Signal für Deutschland. Dieses Geld muss jetzt vor allem dafür genutzt werden, den ländlichen Raum soweit wie möglich mit neuen Glasfaserinfrastrukturen zu erschließen. Glasfaser ist die Technologie der Zukunft. Deshalb ist es wichtig, dass auch Landkreise, die im Rahmen von Betreibermodellen auf den Glasfaserausbau setzen, von dem Programm profitieren können und bei der Vergabe der Mittel nicht benachteiligt werden.“
Präsident Sager appellierte an den Bund und die Länder, bei der Entscheidung über die Fördermittel eng zusammenzuwirken: „Was wir jetzt nicht brauchen können, ist ein Förderchaos“, betonte Sager. Deshalb sei es gut, dass die Förderanträge auch mit den jeweiligen Ländern erörtert werden. Auf diese Weise könne insbesondere die Realisierung kreisweiter Breitbandprojekte sichergestellt werden. Sager wiederholte die schon mehrfach geäußerte Kritik, dass der Bund die Landkreise, die sich für den Bau eigener Glasfasernetze entschlossen haben, dazu anhalte, diese Netze später wieder zu veräußern. „Ein solches Veräußerungsgebot ist ein Novum im deutschen Förderrecht, für das es keine verfassungsrechtliche Grundlage gibt“, sagte Sager. Die Verfassung lasse ein kommunales Engagement im Bereich des Netzausbaus zu. „Die geplante Regelung diskreditiert ohne Grund das Betreibermodell“.
Scharfe Kritik an dem Förderprogramm kommt vom Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK). Dieser fordert endlich die Umsetzung der Beschlüsse des IT-Gipfels 2014 anstelle von Ignoranz der Ergebnisse. Mit ihrem 2-Mrd.-Euro-Programm ignoriere die Bundesregierung die eigenen Dokumente. Die 2 Mrd. Euro könnten statt 12,5% über 70% der bisher unterversorgten Haushalte mit Glasfaser statt mit veralteter Technik erschließen.
„Würde die Bundesregierung den eigenen IT-Gipfelprozess ernst nehmen, würde sie wenigstens ihre eigenen Ergebnisdokumente lesen. In diesen findet sich nämlich seit exakt einem Jahr die klare Aussage, dass von 10 Mio. unterversorgten Haushalten rund 4 Mio. ohne öffentliche Gelder über private Investoren versorgt werden können,“ erklärte der Vorsitzende des FRK, Heinz-Peter Labonte.
Der Verbandssprecher rechnete vor, dass diese 4 Mio. Haushalte bei einer durchschnittlichen Investitionssumme für FttB oder FttH von 1.500 Euro pro Haushalt auch in bisher benachteiligten Regionen Bandbreiten von „mindestens“ und nicht nur „bis zu“ 50 MBit/sec angeschlossen werden können. Privatinvestoren könnten „angesichts der von der Bundesregierung unterstützten Bemühungen der EZB, die Zinsen gegen Null zu drücken, immerhin zwischen 4 und 8% erzielen. Entsprechende Best Practice Beispiele interessierten die IT-Gipfelstürmer aber offenbar nicht, meinte Labonte. Sie seien zur Besichtigung auch Herrn Dobrindts Ministerium angeboten worden.
Seriöse Schätzungen gehen für den Anschluss der unterversorgten 10 Mio. Haushalte von insgesamt mindestens zu investierenden 20 Mrd. Euro aus. „Damit reicht das vorgelegte Finanzierungsprogramm gerade für 12,5% des Finanzbedarfes“, rechnete Labonte weiter vor.
Würden die Verantwortlichen der Bundesregierung ihre eigenen Gipfelpapiere lesen, so wüssten sie, 4 Mio. Haushalte werden zu 1.500 Euro pro Haushalt mit FttB/FttH von Privatinvestoren in Kooperation mit Sparkassen- und Bankenfonds angeschlossen. Dies bedeutet ein privates Investitionsprogramm in Höhe von 6 Mrd. Euro.
Gehe man davon aus, dass die verbleibenden 6 Mio. Haushalte für durchschnittlich 2.500 Euro mit FttB/FttH versorgt werden können, so könnte das vorgelegte Regierungsprogramm helfen, über verlorene Zuschüsse weitere 2 bis 3 Mio. Haushalte anzuschließen. Die Bundesregierung bevorzuge stattdessen ein mittelstands- und kommunalfeindliches Bürokratiemonster.
„Statt immerhin rund 70 bis 75% der unterversorgten Haushalte endlich mit einem realistischen Konzept anzuschließen, wird jetzt rein statistisch der Anschluss von 12,5% vollmundig angekündigt“, erklärte der Kabelunternehmer und Verbandssprecher. Dies würde dann allerdings nicht mit der Übergangstechnologie Vectoring durch die Telekom sondern mit zukunftssicherer Glasfaser bis ans oder ins Haus erfolgen. Damit würden die ländlichen Regionen Deutschlands an die Weltspitze der IT-Infrastrukturen katapultiert.
„Aber offenbar wollen das Digitalministerium und die Bundesregierung lieber ihr dividendenorientiertes Bundesunternehmen Telekom fördern anstatt Deutschland infrastrukturell z.B. mit Silicon Valley, Korea oder China wettbewerbsfähig zu machen“, erklärte Labonte abschließend, „sonst würde man ja die eigenen IT-Gipfeldokumente am Ende noch ernst nehmen müssen“.
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